Konflikt in Äthiopien
Millionen von Menschen sind in Äthiopien aufgrund eskalierenden Spannungen zwischen der äthiopischen Bundesregierung und der regionalen Führung in der Region Tigray zur Flucht gezwungen.
Das heutige Äthiopien ist durch viele Aspekte geprägt: Es gilt nicht nur als einer der ersten Staaten der Welt, sondern erhielt durch den Fund des Skeletts von „Lucy“ den Beinamen der “Wiege der Menschheit”. Auch der Kaffee hat hier seinen Ursprung. Dennoch steht Äthiopien heutzutage für eines der ärmsten Länder der Welt, welches von unfassbarem Leid, Hungersnöten, Dürren und politischen Unruhen erschüttert wird.
Noch ärmer ist jedoch die Nachbarschaft. – So arm, dass Äthiopien inzwischen rund eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat. Kaum ein anderes Land in Afrika nimmt so viele Flüchtlinge auf, die zum Beispiel aus Djibuti, Eritrea, Somalia und dem Sudan kommen. Eine eigene Stabilität kann der Vielvölkerstaat am Horn von Afrika allerdings nicht vorweisen und so führen brutale Konflikte zwischen den mehr als 80 unterschiedlichen Ethnien auch innerhalb des Landes zu Flucht und Vertreibung. Dadurch hat sich Äthiopien zu einem der Länder mit den meisten Binnenflüchtlinge entwickelt.
Politisch gesehen ist Äthiopien das am längsten unabhängige Land Afrikas. Abgesehen von einer fünf Jahre dauernden Besetzung durch den italienischen Diktator Mussolini wurde es als einzige Nation des Kontinents nie kolonialisiert und blickt auf eine lange staatliche Tradition zurück. Aktuell befindet sich das Land im Umbruch, der durch innen- und außenpolitische Reformen ausgelöst wurde. Angestoßen wurden die Reformen durch den amtierende Ministerpräsident Abiy Ahmed, der für seinen Reformkurs und die Flüchtlingspolitik weltweit gelobt wurde. Trotzdem hat sich die Situation in vielen Regionen des Landes stark zugespitzt. Vielerorts eskalieren seit Jahren soziale, politische, ethnische und religiöse Konflikte, die teilweise gewaltsam ausgetragen werden. Immer wieder kommt es durch die Frage der Religion in der Hauptstadt Addis Abeba, in Adama sowie in weiteren Städten der Oromo-Region zu Demonstrationen, die sogar Tote und Verletzte fordern.
Ein weiterer Brennpunkt ist Äthiopiens Megastaudamm-Projekt, das sich inzwischen zum Konflikt um das Wasser des Nils entwickelt hat. Im Durchschnitt fließen mehr als 52.600 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr aus dem Hochland den Nil hinunter. Grundsätzlich könnte man mit diesen Wassermassen genug Strom erzeugen um der äthiopischen Wirtschaft einen großen Schub zu verpassen. Doch Ägypten, für das der Nil ebenfalls eine wirtschaftliche Bedeutung hat, sieht den Staudamm als eine existenzielle Bedrohung. Das Land fürchtet, durch die Kappung der Wasserzufuhr bald auf dem Trockenen sitzen zu müssen. In Zukunft wird sich das Problem der Wasserknappheit außerdem durch die wachsende Bevölkerung verschärfen. Ägypten und Äthiopien konnten sich bisher noch nicht auf ein Abkommen einigen, das den Streit um den Staudamm regelt. Stattdessen ringen beide Länder um einen Kompromiss, der erst noch gefunden werden muss.
Im Zuge der globalen Erderwärmung verschärft sich die Situation Äthiopiens zusehends. Überschwemmungen sowie Erosionen des Bodens sind die Folge. Auf extreme Regenfälle folgen oft monatelange Dürren. Letztere lassen die Ernte verderben und ziehen Hungersnöte nach sich. Im Jahr 2016 herrschte Ende 2016 laut den Vereinten Nationen sogar die schlimmste Hungersnot seit 30 Jahren. Klimatische Veränderungen im Südwesten führen immer wieder zu Trockenheit und damit einhergehenden Ernteverlusten. Hinzu kam, dass in den Ländern Kenia, Somalia und Äthiopien eine Vielzahl neuer Heuschrecken schlüpften. Die Tiere zerstören Äcker und Weiden, so dass die Behörden um die Lebensmittelversorgung fürchten. Insgesamt hat der Klimawandel schwere Folgen für das Land: Er lässt die Biodiversität schrumpfen und bedroht Trinkwasser, Landwirtschaft und Gesundheit der Bevölkerung.
Dies sind nur ein paar Gründe, weshalb wir von ShelterBox mit Hilfe unseres Partners, der International Organization for Migration (IOM), seit Ende 2018 mehr als 4.500 Familien unterstützen. Unser aktuelles Projekt mit IOM wird Menschen in Äthiopien in Zeiten von Corona beiseite stehen und Utensilien wie Seile, Decken, Wasserkanister, Schlafmatten, Moskitonetze und Küchengeräte verteilen.
Eindrücke von unserem aktuellen Einsatz in Äthiopien, unter Beachtung wichtiger Corona-Maßnahmen
von Zaha Al Ghusain, 21. Juli 2020
von Zoey Weddige, 21. Juli 2020
von Zoey Weddige, 21. Juli 2020