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Genozid und Vertreibung der Rohingya: Die Lage drei Jahre nach der Flucht

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Genozid und Vertreibung der Rohingya: Die Lage drei Jahre nach der Flucht

von Emily Howard, 8. Oktober 2020

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Titelbild: Etwa die Hälfte der geflohenen Rohingya in den Camps von Bangladesch sind Kinder (Quelle: Amnesty International). Viele sind stark traumatisiert, unterernährt und leben unter katastrophalen Bedingungen.

Im August vor drei Jahren begann die massive Vertreibung der Rohingya aus Myanmar durch eine extrem brutale Militäroffensive. Es handelte sich um eines der grausamsten Verbrechen der jüngeren Geschichte.

Während die Medien im Jahr 2017 der Flüchtlingskrise noch vergleichsweise viel Aufmerksamkeit geschenkt haben, gab es danach nur noch sehr wenige Berichte über die aktuelle Situation. Noch immer leben Hunderttausende unter extrem prekären Bedingungen und ohne Perspektive in Flüchtligscamps der Nachbarländer, insbesondere in Bangladesch.

Wer sind die Rohingya?

Die Rohingya sind eine Volksgruppe, die größtenteils im Rakhine-Staat, im Südwesten Myanmars (im angelsächsischen Raum vorwiegend noch als „Burma“ bezeichnet) an der Grenze zu Bangladesch leben. Mehr als zwei Millionen Menschen gehören dieser Gruppe an und die meisten von ihnen bekennen sich zum Islam. Damit stellen sie im mehrheitlich buddhistischen Myanmar eine religiöse Minderheit dar und werden dadurch immer wieder Opfer von Diskriminierung und Ausgrenzung. Der Staat erkennt die Rohingya nicht als eine der 135 einheimischen Bevölkerungsgruppen an, sondern bezeichnet sie als illegale Migranten aus dem benachbarten Bangladesch. Dies hat zur Folge, dass ihnen seit 1982 die Staatsbürgerschaft verweigert wird. Damit sind sie staatenlose Menschen ohne Bürgerrechte.

Seit der Unabhängigkeit Myanmars im Jahr 1948 spitzen sich die Konflikte zwischen den Rohingya und dem Staat immer mehr zu. Die Rohingya werden immer öfter ausgegrenzt, angefeindet und verfolgt. Aufgrund dieser Repression und Verfolgung leben mindestens eine Millionen Rohingya als Flüchtlinge in mehreren Ländern Asiens. Laut UN sind die Rohingya damit eine der am meisten verfolgten ethnischen Minderheiten weltweit.

Geflohene Rohingya Familie aus Myanmar, die jetzt im Flüchtlingscamp in Bangaldesch lebt.

Die 30-jährige Nur hat sechs Kinder, drei Mädchen und drei Jungen. Zusammen mit ihrem Mann und den Kindern lebt sie in einem einfachen Zelt aus Planen und Bambus in einem Flüchtlingslager in Bangladesch. Diesen Unterschlupf teilen sie sich noch mit anderen Familien.

Die Eskalation des Konflikts im Sommer 2017

Im August 2017 kam es zu einer massiven Eskalation des Konfliktes. Auslöser war eine kleine Gruppe von Rohingya-Rebellen, die der Arakan Rohingya Salvation Army (Arsa) angehörten. Diese Gruppe verübte Angriffe auf 30 Polizei- und Militärstützpunkte. Daraufhin ging das burmesische Militär brutal gegen die gesamte Rohingya-Bevölkerung vor. Mit dem Ziel das Volk der Rohingya auszulöschen, brannte das Militär ganze Dörfer ab, plünderte diese, vergewaltigte Frauen und tötete unschuldige Rohingya. Schätzungen zufolge sind dabei 10.000 Rohingya ums Leben gekommen, aber die tatsächliche Zahl liegt wahrscheinlich noch viel höher (Quelle: Deutschlandfunk). Die UN spricht hierbei von einem Genozid.

Durch diese Ausschreitungen wurde eine gewaltige Flüchtlingsbewegung ausgelöst. Seit August 2017 sind schätzungsweise 700.000 Rohingya von Myanmar nach Bangladesch geflohen (Quelle: Zeit). Die meisten von ihnen leben in der Nähe der Küstenstadt Cox’s Bazar im Camp Kutupalong, dem größten Flüchtlingslager der Welt, das in etwa so groß ist wie die Stadt Frankfurt ist.

Flüchtlingscamp in Bangaldesch für geflohene Rohingya aus Myanmar

In den Flüchtlingslagern in Bangladesch herrscht nicht nur Mangel an Nahrung. Es fehlt auch an sauberem Trinkwasser, Sanitäreinrichtungen und medizinischer Versorgung.

Die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Situation der Rohingya

Die Hygienestandards in den überfüllten Flüchtlingslagern sind schlecht, sodass es unmöglich ist Vorsichtsmaßnahmen, wie Hygieneregeln oder Sicherheitsabstände, einzuhalten. Oft müssen sich drei bis fünf Personen einen Raum in den Unterkünften teilen. Die medizinische Versorgung ist in den Camps, als auch in ganz Bangladesch, ungenügend. Durch Mangelernährung und andere Krankheiten wäre die Infektion für viele Rohingya besonders gefährlich. Auch gibt es keine Testmöglichkeiten auf Covid-19, weswegen viele gar nicht bemerken würden, dass sie sich mit dem Virus infiziert haben. Laut offiziellen Angaben sollen die Infektionszahlen bisher jedoch gering sein.

Ein weiteres Problem ist, dass die Regierung von Bangladesch die Zahl der Helfer, welche in die Flüchtlingslager kommen dürfen, seit April stark eingeschränkt hat. Damit soll vermieden werden, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Jedoch führt diese Maßnahme zu Engpässen bei der Versorgung der Flüchtlinge mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln.

Die Zukunft der Rohingya

Wie es mit den Rohingya weitergehen wird, ist noch immer ungewiss. Bangladesch, eines der ärmsten Länder Asiens, ist der Menge an Flüchtlingen, die jetzt schon seit mehreren Jahren in überfüllten Lagern leben, nicht gewachsen. Im November 2017 schlossen Myanmar und Bangladesch ein Abkommen, um die Rückkehr der Geflüchteten nach Myanmar zu regeln. Allerdings fehlen bis heute wichtige Zugeständnisse Myanmars an die Rohingya. Diese fordern, als Staatsbürger Myanmars anerkannt zu werden. Auch verlangen sie eine Kompensation für das Leid, das ihnen angetan wurde, sowie die Zusicherung, in Zukunft in Frieden in Myanmar leben zu dürfen.

Seit einiger Zeit existiert seitens der Regierung von Bangladesch außerdem der Plan, etwa 100.000 der Flüchtlinge aus dem Gebiet von Cox Bazar auf einer abgelegenen Flussinsel, namens Bhasan Char, anzusiedeln. Allerdings bestehen sowohl bei den Rohingya selbst, als auch bei Menschenrechtlern und NGOs starke Zweifel an der Eignung der Insel zur Besiedlung (Quelle: FAZ).

Zu Beginn dieses Jahres verurteilte das UN-Gericht in Den Haag Myanmar wegen den Massenmorden an den Rohingya. Der internationale Gerichtshof (IGH) wies das Land an, den Genozid mit allen Mitteln zu verhindern (Quelle: Spiegel). Gemeinsam mit dem internationalen Strafgerichtshof (ICC) hat der IGH in 2020 zudem einen Völkermord-Fall eröffnet (Quelle: New York Times).

Die Flüchtlingscamps der Rohingya sind von Erdrutschen und Überschwemmungen bedroht

Die einfachen Notunterkünfte in den Camps sind durch Erdrutsche, Überschwemmungen und Zyklone bedroht, denn die Flüchtlingslager liegen in einer für Naturkatastrophen sehr anfälligen Region.

Wie hat ShelterBox den Rohingya geholfen?

Durch das Leben in überfüllten Lagern und das Traumata, welches sie durch die Verfolgung erfahren haben, sind die Rohingya besonders verwundbar. Viele von ihnen sind aus Myanmar geflohen und haben dabei nichts mitgenommen. Um geflüchteten Rohingya in Bangladesch zu helfen, hat ShelterBox mehr als 4.000 Familien Hilfsgüter zukommen lassen. Zu diesen Hilfsgütern gehören Decken, Planen, Seile, als auch Solarlampen und Wasserkanister. Die Planen und Seile sollen dabei helfen, Unterkünfte neu zu bauen oder bereits bestehende Unterkünfte auszubessern. Durch die Wasserkanister mit Wasserfiltern kann gewährleistet werden, dass sie sauberes Trinkwasser haben und die Solarlampen und Decken spenden Licht und Wärme.

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