Die Ausgangslage
Elf Jahre sind vergangen seit dem verheerenden Erdbeben in Haiti im Januar 2010. Mit einer Stärke von 7.3 auf der Richterskala traf das Erdbeben die Bevölkerung nur 17 Kilometer südwestlich von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt. Mehr als 300.000 Menschen verloren ihr Leben und etwa genauso viele wurden verletzt. Über 300.000 Häuser wurden komplett zerstört oder in weiten Teilen beschädigt. Das Erdbeben von 2010 war das stärkste Erdbeben, das Haiti in den letzten 200 Jahren getroffen hat. Entsprechend schlecht waren die Vorbereitungen des Inselstaates. (Quelle: Government of Haiti,)
Das Erdbeben in Haiti 2010 war eines der folgenschwersten Erdbeben des 21. Jahrhunderts.
Zehn Monate nach dem Erdbeben bricht eine Cholera Epidemie in Haiti aus. Die schlechten Bedingungen im Hygienesektor, die durch das Erdbeben nur verschlimmert wurden, begünstigten die Verbreitung der Infektionskrankheit und kosteten am Ende 7.000 Menschen das Leben. (Quelle: CSIS)
Sechs Jahre vergehen nach der Erdbebenkatastrophe. Im Jahr 2016 wird Haiti dann durch den Hurrikan „Matthew“ erneut destabilisiert. Über 500 Menschen überleben den Sturm nicht oder tragen schwere Folgen davon. Unzählige Häuser werden zerstört, immer mehr Leute werden gezwungen ihre Heimat zu verlassen. (Quelle: Abendblatt)
Weitere Verwüstungen in Haiti durch Hurrikan „Matthew“ im Jahre 2016.
Die Unruhe vor dem Sturm
Fünf Jahre nach dem Sturm „Matthew“ bebt erneut die Erde unter Haiti. Am 14. August 2021 trifft ein Erdbeben der Stärke 7.2 den Süden des Landes. Um die 30.000 Menschen sind infolgedessen obdachlos und über 10.000 Menschen wurden verletzt oder getötet. (Quelle: Tagesschau)
Doch schon kurz darauf folgt eine weitere Katastrophe. Nur drei Tage später fegt der Tropensturm „Grace“ über das Land und zerstört nicht nur weitere Teile der Infrastruktur Haitis, sondern erschwert jeglichen Hilfsaktionen, an die Menschen in Not heranzukommen. Erdrutsche und zerrüttete Straßen sorgen für Engpässe. Plantagen und die daraus folgende Ernte werden zerstört.
Die Menschen mussten sich entscheiden: Entweder sie blieben in den zerstörten und einbruchgefährdeten Häusern oder sie suchten sich eine Unterkunft draußen, wo der Sturm sie mit seinen Winden und Regengüssen erwartete.
Und immer wieder trifft es Haiti. Aber warum?
Haiti ist ein karibischer Inselstaat im Süden von Nordamerika. Er befindet sich auf der Insel Hispaniola, die er sich mit der Dominikanischen Republik teilt. Haiti ist durch seine Lage in verhängnisvollerweise an das Aufkommen von Erdbeben und anderen Naturkatastrophen gebunden. An der Grenze einer tektonischen Einheit liegend, führt die Ostwanderung der Karibikplatte zur Verhakung des Gesteins an den anliegenden Platten. Die aufgebaute Spannung wird in heftigen Beben kurz unter der Oberfläche entladen und richtet somit massive Zerstörung auf der Halbinsel an. Das Land ist jedoch nicht nur plattentektonisch schwierig gelegen, sondern wird auch durch seine Lage in der Äquatorialebene durch heftige Tropenstürme und Dürren gefährdet. Das warme Klima begünstigt zudem durch Stechmücken übertragbare Tropenkrankheiten. (Weitere Informationen zu Katastrophenpotentialen in der Region)
Es wäre dennoch ein unvollständiges Bild zu sagen, Haiti wäre geographisch einfach nur unglücklich gelegen. Denn die Geschichte des Landes prägt Haiti bis heute in besonders starker Weise. Stabile und faire Bedingungen liegen auf der Halbinsel noch in weiter Ferne.
Über dreihundert Jahre Terror
Fast 150 Jahre lang hieß die Halbinsel nicht Haiti, sondern Saint-Dominique und war die florierendste Kolonie Frankreichs. Mit seinen vielen Kaffee- und Zuckerplantagen trug die Halbinsel den größten Beitrag zum weltweiten Export der Güter bei. Die Franzosen beuteten das Land aus und brachten um die 40.000 Sklaven jährlich nach Saint-Dominique. (Quelle: The Guardian).
Ende des 18. Jahrhundert kämpfte Haiti für seine Unabhängigkeit und es kam zu einem blutigen Bürgerkrieg, der bis zum Jahre 1804 andauerte. Haiti war damit eine der ersten Kolonien, die ihre Unabhängigkeit erlangt hatte. Ausgebeutet und von der Sklaverei geprägt, war es kein Leichtes, Fuß zu fassen in der Welt der Tyrannen. Um diplomatische Anerkennung von Frankreich zu bekommen, zahlte Haiti jahrzehntelang Unmengen an Reparationszahlungen, die nur durch Kredite von Banken in den USA, Frankreich oder Deutschland bezahlbar waren. Das Land häufte somit einen enormen Schuldenberg an, der einen Aufbau der Infrastruktur im Land erschwerte. Bis ins 20. Jahrhundert hinein zahlte Haiti seine Darlehen ab, belagert von Truppen aus den USA, die fürchteten ihr Geld nicht mehr zu bekommen. Die große Depression belastete zudem den Export der Halbinsel und die Diktatoren, „Papa Doc“ Duvalier und sein Sohn „Baby Doc“ beuteten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erneut das Land aus und und verursachten den Tod vieler Haitianer:innen. Die Auswirkungen dieser Ereignisse sind bis heute noch deutlich spürbar. (Weitere Infos: BPB)
Die aktuelle Situation in Haiti
Die aktuelle politische Lage des Landes ist kritisch, Korruption und Bandenkriminalität beeinflussen das politische und wirtschaftliche Geschehen. Die fehlende Infrastruktur erschwert die Stabilität in Haiti, Analphabetismus und Armut sind weit verbreitet. Zudem ist durch die Ausbeutung der damaligen Kolonie durch die Franzosen bereits 98 Prozent des Waldes auf der Halbinsel abgeholzt worden. Der Boden ist dadurch offen gelegen, d.h. durch jede Katastrophe wird der Boden immer weiter abgetragen und fruchtbares Land geht verloren. (Quelle: The Guardian)
Internationale Hilfe wird von der einheimischen Bevölkerung zum Teil kritisch gesehen. So verschlechterte sich der Ruf von NGOs unter anderem durch die Verbreitung der Cholera-Epidemie durch die Friedensbringer aus Nepal (Quelle: The Guardian).
©Habitat for Humanity International
Das Erdbeben im August 2021 kostet um die 30.000 Menschen ihre Unterkunft.
Für die Erdbebenkatastrophe im August mussten NGOs, die nach Haiti zur Hilfe kommen wollten, daher Genehmigungen beim Gesundheitsamt einholen und einen konkreten Arbeitsplan vorlegen. Das verzögerte zum einen Hilfsaktionen aus dem Ausland, sorgte jedoch für ein allgemeines Handeln im Interesse des Inselstaates. Kriminelle Banden behinderten darüber hinaus durch Blockaden der Straßen die Ankunft von Hilfsgütern. Der Tropensturm erschwerte die Anreise von Hilfsorganisationen und zerstörte viele der bereits errichteten Notunterkünfte.
Für viele Bewohner Haitis kam die Hilfe leider zu spät und eines ist ziemlich sicher: Wo bereits eine Katastrophe eingetreten ist, kann schon in kürzester Zeit die Nächste folgen.
Über den ShelterBox Einsatz in Haiti
ShelterBox ist bereits seit über 10 Jahren in Haiti tätig. Die bisher größte Hilfsaktion hatte die Organisation im Jahre 2010 nach dem verheerenden Erdbeben. Auch bei Hurrikan „Matthew“ war ShelterBox im Katastrophengebiet im Einsatz. Infos zu allen aktuellen Einsatzgebieten finden Sie hier.
Bis zu 28.000 Notunterkünfte stellte ShelterBox beim Einsatz 2010 nach dem verheerenden Erbeben in Haiti bereit.
So können Sie helfen
Sie wollen ShelterBox dabei unterstützen, Menschen, die durch Konflikte oder Naturkatastrophen ihr Zuhause verloren haben, mit lebensnotwendigen Hilfsgütern zu versorgen?
Dann können Sie dies ganz einfach und unkompliziert über unser Onlineformular tun.